Aus der Verbindung beider Liebenden entstammten zwei Töchter, äußerlich von ähnelndem Antlitz und doch geprägt von unterschiedlicher Charakterstärke. Die Wesenszüge ihres erfahrenen und herzensguten Vaters wurde jedoch in beiden Mädchen auf unterschiedliche Weise deutlich sichtbar. Durch ihren Vater hatten sie vernommen, dass ein wahres gesprochenes Wort stets den richtigen Weg im Leben pflastert. So war er den Bewohner des Städtchens, seinen Kindern, aber auch allen voran seinen fünf Enkelkindern ein besonnenes, liebevolles Vorbild, dessen Fürsorglichkeit und Präsenz gerade von den Kleinsten sehr genossen wurde. Es schien, dass er als Großvater, die Zeit nachholen wolle, der er als junger Vater aufgrund seiner engagierten Geschäfte nicht die Aufmerksamkeit schenken konnte, wie es ihm eigentlich beliebt hätte. Die Familie erlebte viele Jahre voller Freude und Glückseligkeit. Der Großvater, mit dem inzwischen weiß gefärbten Bart, erfreute seine Familie mit ausgewiesenen Kochkünsten, die sogar als Spaghetti Bolognese oder Hackbraten mit Ei denen in Erinnerung blieben, die den Verzehr des Fleisches mieden. Der emphatische Herr fungierte als geduldiger Fahrlehrer und half in Wort und Tat bei Prüfungsvorbereitungen oder Bewerbungsgesprächen. Anfeuern am Rande des Sportplatzes war für ihn genauso eine Freude, wie ein gemeinsames Schachspiel. Die Kindeskinder wuchsen heran und erkannten schon bald den eigentlichen Wert ihres Großvaters. Er hatte Ihnen einen Welt geschenkt, in der sie atmen durften, die voller Liebe und Hoffnung, die Güte in ihre eigenen Herzen trug und ihnen einen Blick aufs wahre Leben ermöglichte. Dafür waren sie sehr dankbar. Vom Großvater lernten sie, dass die Familie immer der Mittelpunkt des Lebens sein muss. Dort fühlt man sich geborgen, man lacht gemeinsam und unterstützt einander. Dort geht man bei Unstimmigkeiten aufeinander zu und blickt gemeinsam nach vorne. Darüber hinaus erschien der alte Herr wunschlos, seine Seele wiegte in einer Windstille, die ihm das Glück geschenkt hatte.
Eines Tages zogen Wolken über der Stadt auf. Erst vereinzelnd, dann zogen sie sich zu einen schwelendem Sturm zusammen und bedeckten die Gesundheit des weisen Herrn.
Über viele Monate ließen sie ihn nur noch in Träumen seiner geliebten Familie begegnen.
Eines frühen Morgens, die ersten Blätter fielen von den Bäumen, fasste der geschwächte und bisher stets kämpfende alte Mann einen Entschluss:
Segne du, Maria, segne mich, dein Kind, dass ich hier den Frieden, dort den Himmel find! Segne all mein Denken, segne all mein Tun, lass in deinem Segen Tag und Nacht mich ruh´n! An seine Lieben daheim sendet er im Traum die Botschaft: Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich alle Tage mit euch leben und mit euch gehen in jedes neue Jahr!
Dann schloss er fernab seiner Heimat und Familie seine gütigen Augen...
Trotz der nun endgültigen Ferne spürte die ganze Familie ein mächtiges, warmes Gefühl. Das Gefühl, von ihrem Großvater geliebt zu sein. Gerne hätten sie ihm zu Lebzeiten auf Erden noch einmal ihre gegenseitige Liebe in Worte gefasst, ihm gesagt, wie stolz sie auf ihnen waren, da er so sehr dafür gekämpft hatte, noch einmal nach Hause zu seinen Lieben zurückzukehren. Sie hätten sich so gerne noch einmal persönlich bei ihm für seine offenen Ohren und Ratschläge bedankt, ihm versichert, wie geborgen sie sich in seiner Gegenwart immer gefühlt hatten..
Auch wenn diese Worte nicht mehr offen gesprochen wurden, war die Familie sich jedoch sicher, dass sie den Weg zu ihrem Großvater finden würden.
Schließlich zündeten Sie Kerzen voller Dankbarkeit, Trauer und Hoffnung an und spürten die Kraft und Wärme des flackernden Lichtes. Sie spürten, welch wertvolles Geschenk ihnen der Großvater im Leben und darüber hinaus gemacht hatte. Eine Familie zu sein bedeutet einander zu lieben und geliebt zu werden. Eins zu sein. Für immer. Für ewig.
Und da sein Leid nun endlich zu Ende ging, begann für ihn und die Familie eine neue Freude.
Sie wussten, er war im Irdischen gestorben. Doch in ihren Herzen und aller derer ,die ihn ihn liebten, lebte er weiter....