Sonntag, 09 Mai 2021 08:23

Als Gott mir ein Solo schenkt...

geschrieben von
Artikel bewerten
(2 Stimmen)
Pixabay Pixabay MelanieB91

Gestern war ich mit meiner Schulfreundin wandern. Emotional über alle Jahre hinweg verbunden, haben wir es dennoch in den letzten zwei Jahren nicht geschafft, uns zu sehen. So steigen wir aus dem Auto und sind binnen 5 Sekunden in private und tiefgehende Gespräche versunken, als hätten wir uns erst gestern Abend getrennt. So groß die Freude über das Wiedersehen ist, so traurig gestaltet sich dann zunächst der Gesprächsinhalt. Wir berichten uns gegenseitig, ...

...dass beiderseits unsere über 20 Jahre hinweg bestehenden Ehen am Ende sind. Während aus meiner Freundin noch sehr deutlich Wut, Enttäuschung und Trauer herausbrechen, darf ich erkennen, dass ich selbst schon mehr Abstand zu diesem Ereignis gefunden habe und somit nun in der Lage bin, die Situation rückwirkend auch mal von einer Position zu betrachten, die nicht mehr so emotional begleitet wird. Aus dieser Sicht kann ich ihr berichten: "Die Trennung nach so langer Zeit von deinem Partner fühlt sich an wie ein Trauerfall!" Auch wenn sich die Trennung über viele Monate hinwegzieht, ich eigentlich schon damit gerechnet hatte...irgendwann kam der Punkt in mir, an dem beide, Kopf und Herz, begreifen...Folge: Schock! Ich kann gar nicht glauben, was da gerade passiert. Ich will auch gar nicht glauben, was da gerade passiert. Ich will das so nicht wahrhaben!!!  Meine Emotionen brachen schließlich auf und setzten ungeahnt heftige Gefühle frei. Zorn und Wut, aber vor allem Schmerz drangen unaufhaltsam aus mir heraus. Ich war sauer auf mich selbst, auf meinen Partner, auf die ganze Welt...und auch auf Gott! Wie kann das sein? Wie kann er sich so einen Weg für mich gedacht haben? Ich war definitiv der Meinung, in den letzten Jahren genügend "Prüfungen" oder "Reifungen" erlitten zu haben. Und jetzt das?! Das machte mich richtig wütend und ich fühlte mich vehement ungerecht behandelt. So kam auch ich schließlich mit einer altbackenen, aber zutreffenden Weisheit auf meine Freundin zu: "Die Zeit heilt alle Wunden!" In dieser Phase, der immens großen Verletzungen, der Irrationalität und der spürbaren Verletzbarkeit deiner Seele, willst du so kluge Sprüche erstmal nicht hören und glaubst sowieso, dass der Schmerz niemals nachlässt. Aber irgendwann, geht die Sonne wieder auf und du merkst tatsächlich, diese kleine Veränderung in dir drin, die dich bereit macht, in die nächste Phase der Trauer einzusteigen. Und während ich meiner Freundin versuche Mut zu machen, weiß ich längst...die schwierigste Phase steht ihr noch bevor! Die innere Auseinandersetzung mit dir selbst, mit dir als Frau, als Mutter, als Partnerin, als Mensch. Du rufst dir Erinnerungen hervor, wägst ab, stellst in Frage. Suchst das Gespräch mit Freunden und Familie, gehst in innere Einkehr, betest oder schreibst einen Blog. Die Wege sind vielfältig. Eine tägliche Suche nach Bedürfnissen und Erkenntnissen, die dir Kraft raubt, die dir das Hirn vernebelt, die deine gesamte Konzentration benötigt. Das dauert. Monate. Jahre. Immer begleitet mit der Frage: "Warum?" An dich. An deinen Partner. An Gott. Irgendwann hältst du diese Zweifel, die Zukunftsängste und vor allem die Einsamkeit nicht mehr aus. Und an diesem Tiefpunkt deines Lebens erlebst du, so unbegreiflich es auch für dich sein mag, ein Gefühl von neugeboren sein. Ein Gefühl, der Auferstehung.

Du merkst, wie du langsam wieder zu Kräften kommst, fühlst dich stärker als zuvor. Du erkennst dein neues Selbstbildnis. Du erfährst einen neuen Weltbezug. Und so irrwitzig es auch scheinen mag, du bist Gott dankbar für diese Zeit, für den Hinweis, es war an der Zeit, dich selbst wieder zu finden. Und wenn die Dankbarkeit alle Wut und Enttäuschung überschwemmt, kannst du tatsächlich auch dankbar sein, für die vielen Jahre der Partnerschaft, die dir vergönnt waren. Wenn du diesen Prozess geschafft hast, liebste Freundin, sei stolz auf dich! Du hast etwas geleistet! Nur durch dich, nur für dich!

Die Gewissheit, dass Gott meine Wege lenkt, mich nicht verlässt, hat mir den Mut gegeben, sich diesem Prozess zu stellen. Im Moment der tiefsten Zweifel, ließ er mich auferstehen. Für einen mag es ein Märchen, eine Geschichte sein... für mich mein eigenes, persönliches Wunder.

 

 

 

Gelesen 2897 mal Letzte Änderung am Sonntag, 09 Mai 2021 09:42
Alexandra Heer

Alexandra Heer hat sich mit SeelenGrund eine Heimat geschaffen, die es ihr erlaubt, neben Pädagogin und Mutter, viele verschiedene Rollen ausleben und füllen zu dürfen. Dem Texten und Komponieren ihrer Lieder geht stets eine eigene, persönliche thematische Auseinandersetzung voraus, welche sich in der musikalischen Darbietung erspüren lässt. Basierend auf einem christlichen Gottesbild setzt sie ihre irdischen Erfahrungswerte über Beziehung, Gemeinschaft, Werteverständnis in eine mögliche Kommunikationsebene zu Gott. In ihrem Blog berichtet die Sängerin über Erlebnisse, Begegnungen und Erfahrungen rund um ihre Wahlheimat "SeelenGrund".

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.