Eine Teilnehmerin kam nach dem Gottesdienst nochmal auf mich zu und bat um ein weiteres Gespräch. Sie nahm Bezug auf das Vorgespräch und nachdem ich ihr erklärt hatte, dass meine Art des Gebetes häufig der musikalische Lobpreis sei, gab sie mir zur Anregung: " Wir müssen den Jugendlichen in unseren Gemeinden Erfahrungsmöglichkeiten bieten, in denen sie selber Gott begegnen. In denen sie spüren, da ist etwas, was was mit mir macht. Da ist ein Gegenüber, das sie selbst spüren können..."
Diesen Satz nahm ich gerne mit nach Hause. Ich ließ ihn mir mehrere Tage durch den Kopf gehen. Es ist mir bewusst, dass die Musik bei Gottesdiensten, Andachten, Konzerten... selbst schon viel mit den Zuhörern macht. Manches Mal spielen wir ein paar Takte an und die ganze Atmosphäre ändert sich. Nicht immer, aber manchmal kann ich mich selbst fallen und tragen lassen, singe, ohne nachzudenken, spüre die Töne, lass sie fließen und bin mir sicher, da ist etwas... Jemand...Ich spüre Wärme und Kraft und kann diese wie selbstverständlich durch meine Stimme zum Ausdruck bringen.
So durfte ich es zuletzt bei einer Konfirmation in der hiesigen evangelischen Gemeinde erleben. Hin und wieder, in ganz intimen Momenten, darf ich selbst wahrnehmen, dass mit meinen Gegenüber in der Gemeinde etwas passiert...Ich sehe die Art und Weise, wie sie uns zuhören, vielleicht zustimmend sanft nicken, berührt werden, strahlen, aber auch weinen. Sie sind ganz versunken und wirken dennoch, als wären sie im Dialog mit Jemanden...Während der Mann in der ersten Reihe zunächst versuchte, seine Tränen zu verwischen, ließ er sie schließlich ungehemmt laufen. Er lächelte und blickte mich an. Nach dem Gottesdienst gingen die Besucher aus der Kirche, er selbst aber kam zu mir, nickte nochmal und bat um eine Umarmung, die ich ihm gerne schenkte. Das Erlebnis hat mich tief berührt. Es hat mich bestärkt, in dem was wir machen. Und es hat mir nochmal klar vor Augen geführt:
Musik ist Gebet.
Schweigen ist Gebet.
Tränen ist Gebet...
Wir müssen es nicht wieder lernen. Wir müssen es nur zulassen.